FALL

Cholangitis

Krankheitsbild

  • Wie lautet deine Verdachtsdiagnose?

    Cholangitis (Entzündung der Gallenwege)

Symptome

  • Wie wird der Schmerz von den Patienten häufig beschrieben?

    • starke Schmerzen im rechten Oberbauch
    • Verschlimmerung bei Druckausübung z.B. körperliche Aktivität, Husten, tiefe Atmung, liegen auf der rechten Seite, Untersuchung des Bauches
    • Verschlimmerung nach dem Essen; besonders nach fettreichen Mahlzeiten
    • Ausstrahlung in die rechte Schulter möglich
  • Kannst du die letzten zwei Punkte erläutern?

    Verschlimmerung nach dem Essen; besonders nach fettreichen Mahlzeiten

    Das liegt daran, dass die Gallenblase auf die Fettverdauung reagiert, indem sie Galle freisetzt. Bei einer Blockade kann dies jedoch zu verstärkten Schmerzen führen. Daher ist es bei eintsprechendem Leiden ratsam, Nahrungsmittel und Getränke, die den Gallenfluss anregen, zu meiden. Neben fetten und gebratenen Speisen zählen dazu z.B. auch Kaffee, Wein und kalte Getränke.


    Ausstrahlung in die rechte Schulter

    Die Gallenblase wird vom N. phrenicus versorgt, der seinen Ursprung in den Halssegmenten C3 bis C5 des Rückenmarks hat. Da dieser Nerv auch das Zwerchfell innerviert, können Schmerzsignale von der Gallenblase über denselben Nerv in die Schulterregion übertragen werden. Das Gehirn interpretiert diese Signale gelegentlich fälschlicherweise als Schmerzen in der rechten Schulter, obwohl die tatsächliche Schmerzursache in der Gallenblase liegt.

  • Deine Patientin berichtet auch, dass ihr Urin eine dunklere Farbe hat als sonst. Wie ist das erklärbar?

    Dies tritt auf, weil sich der Bilirubinspiegel im Blut erhöht. Bilirubin wird normalerweise über die Gallenblase in den Darm abgegeben. Wenn dieser Prozess gestört ist, gelangt das Bilirubin ins Blut und wird von den Nieren ausgeschieden, was zur dunklen Färbung des Urins führt.

  • Warum hat die Patientin eine Aufhellung des Stuhls bemerkt?

    Normalerweise verleiht Bilirubin aus der Galle dem Stuhl seine braune Farbe, indem es im Darm zu Sterkobilin umgewandelt wird. Bei einer Blockade gelangt weniger Bilirubin in den Darm, wodurch weniger Sterkobilin gebildet wird und der Stuhl hell bleibt.

  • Welche weiteren Symptome sind gut mit dem Krankheitsbild vereinbar?

    • allgemeines Krankheitsgefühl
    • Fieber und Schweißausbrüche
    • Übelkeit und Erbrechen
    • Verdauungsbeschwerden
    • Ikterus 
  • Deine Patientin hat keinen Ikterus. Ist das ungewöhnlich bei einer Cholezystitis?

    Wenn sich die Gallensteine direkt in der Gallenblase befinden und eine Cholezystitis auftritt, zeigt sich zu Beginn meist kein Ikterus. Im Verlauf der Erkrankung kann jedoch die Schwellung der Gallenblase Druck auf die umliegenden Strukturen, einschließlich der Gallengänge, ausüben. Dieser Druck kann den Gallenfluss behindern und einen Rückstau von Galle in die Leber verursachen, was zur Freisetzung von Bilirubin ins Blut und somit zum Ikterus führt. Wenn die Gallensteine  auch außerhalb der Gallenblasen liegen und eine Choledochlithiasis vorliegt, kann auch inital schon ein Ikterus vorliegen. 

Diagnostik

  • Welches klinische Zeichen ist oft wegweisend?

    Murphy-Zeichen

  • Wie kannst du das Zeichen feststellen?

    Der Arzt platziert seine Hand auf den Bauch des Patienten, genau an der Stelle, wo sich die Gallenblase befindet. Anschließend wird der Patient gebeten, tief einzuatmen. Während der Einatmung übt der Arzt gezielt Druck auf die Gallenblase aus. Bei Vorliegen einer Cholezystitis führt dieser Druck zu starken Schmerzen. Ein positives Murphy-Zeichen ist gegeben, wenn der Patient aufgrund des Schmerzes plötzlich das Einatmen unterbricht oder schmerzhaft zusammenzuckt.

  • Wie kommt der Schmerz bei dem Patienten zustande?

    Durch die tiefe Einatmung senkt sich das Zwerchfell und drückt die Gallenblase gegen die Hand des Arztes.

  • Welche Laborwerte erwartest du?

    • Entzündungszeichen →  Leukozytose, CRP-Erhöhung
    • Leberwerte (Transaminasen, Bilirubin und Alkalische Phosphatase) → leichte Erhöhung möglich auch wenn keine Cholezystitis oder Choledochlitias vorliegt
  • Warum können die Leberwerte ansteigen, obwohl keine Cholangitis oder Choledocholithiasis vorliegen?“

    Eine entzündete und geschwollene Gallenblase kann Druck auf die benachbarten Strukturen, einschließlich der intrahepatischen Gallenwege, ausüben. Dies kann zu einem Rückstau von Galle und zu einem leichten Anstieg der Leberwerte führen. Zudem ist die Cholezystits eine systemische Entzündungsreaktion, bei der Entzündungsmediatoren die Leber beeinflussen und eine vorübergehende Erhöhung der Leberwerte verursachen können. 

  • Welche Untersuchung führst du neben Anamnese, klinischer Untersuchung und Laboruntersuchung noch durch?

    Sonografie 

  • Welche Befunde erwartest du?

    Verdickte Gallenblasenwand → eine Wandverdickung von mehr als 3mm ist charakteristisch und ein häufiges Zeichen einer Entzündung


    Dreischichtigkeit der Gallenblasenwand erkennbar


    Gallenblasenhydrops → eine vergrößerte, gespannte Gallenblase, die mit Flüssigkeit gefüllt ist, kann ein weiteres Zeichen sein


    Pericholezystische Flüssigkeit


    Gallensteine


    Positives Murphy-Zeichen im Ultraschall → Schmerzen beim Druck mit dem Ultraschallkopf auf die Gallenblase 

  • Warum entsteht bei einer Cholzystitis die Dreischichtung der Gallenblasenwand?

    Die Gallenblase besteht auch im gesunden Zustand aus mehreren Schichten. Im Ultraschall werden diese jedoch erst sichtbar, wenn sich durch die Entzündung ein Ödem bildet und die Schichten dadurch weiter auseinanderdriften. 

Therapie

  • Wie sieht die Standardtherapie aus?

    Es wird empfohlen, eine Cholezystektomie binnen 24 Stunden durchzuführen. Sollten Komplikationen vorliegen, ist ein sofortiger Eingriff erforderlich. Eine Operation nach Abklingen der Entzündung scheint laut ACDC-Studie ein schlechteres Outcome zu haben. 

  • Was erfolgt neben der Operation noch?

    • Nahrungskarenz
    • Schmerzmedikation und ggf. symptomatische Behandlung der Symptome wie Übelkeit 
    • antibiotische Therapie (Standardtherapie ohne Komplikationen → Ceftriaxon und Metronidazol)
  • Deine Patientin möchte die Operation gerne vermeiden und fragt, warum das nicht, wie bei ihrem Bruder, mit einer Schlinge funktionieren würde?

    Die Steine bei Ihrem Bruder befanden sich vermutlich im Ductus choledochus, was als Choledocholithiasis bezeichnet wird. Bei der Behandlung einer Cholezystitis spielt die ERCP nicht die Hauptrolle, kann jedoch eine wertvolle diagnostische und therapeutische Methode sein, insbesondere bei Begleiterkrankungen oder Komplikationen.

  • Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Cholezystektomie durchzuführen. Kannst du sie benennen?

    • laparoskopische Cholezystektomie
    • offene Cholezystektomie
  • Welches Verfahren wird bevorzugt?

    Laparoskopische Cholezystektomie

  • Welche Vorteile hat dieses Verfahren?

    • kleine Hautschnitte und somit weniger Narben
    • geringeres Risiko für Wundinfektionen
    • kürzere Erholungszeit und Krankenhausaufenthalt
    • weniger postoperative Komplikationen, Schmerzen und Schmerzmittelbedarf
  • Wann ist ein laparoskopisches Vorgehen problematisch?

    • Verdacht auf Gallenblasenkarzinom 
    • schwere Entzündung oder Infektion 
    • vorherige Bauchoperationen mit Vernarbungen
    • anatomische Anomalien
    • starke Adipositas
    • Spätschwangerschaft
    • Blutungsneigung
  • Kannst du grob beschreiben, wie die laproskopische Cholezystekotmie abläuft?

    Zunächst wird ein Pneumoperitoneum durch einen kleinen Schnitt mit einem Trokar erstellt, um Kohlendioxid in die Bauchhöhle zu leiten und einen Arbeitsraum zu schaffen. Anschließend werden weitere kleine Schnitte vorgenommen, um ein Laparoskop und chirurgische Instrumente einzuführen. Im nächsten Schritt erfolgt der sogenannte „Critical View of Safety“, bei dem besonders darauf geachtet wird, dass die anatomischen Strukturen korrekt erkannt werden, um Verletzungen zu vermeiden. Der Ductus cysticus und die Arteria cystica werden dann abgeklemmt und durchtrennt. Schließlich wird die Gallenblase vorsichtig von der Leber abgelöst und durch einen der kleinen Schnitte entfernt.

  • Welche Bezeichnung wird verwendet, wenn eine laparoskopisch begonnene Cholezystektomie während des Eingriffs auf eine offene Cholezystektomie umgestellt wird?

    Konversion zur offenen Cholezystektomie

  • Was ist eine NOTES-Cholzeystekomie

    Eine NOTES-Cholezystektomie (Natural Orifice Transluminal Endoscopic Surgery) ist ein minimal-invasives chirurgisches Verfahren, bei dem die Gallenblase über natürliche Körperöffnungen (Magen, Rektum, Blase, Vagina) entfernt wird, ohne dass äußere Schnitte in der Bauchdecke erforderlich sind. 

  • Deine Patientin sucht nach der Cholezystektomie mehrfach ihre Hausärztin auf, da sie weiterhin Symptome hat, die an die ursprünglichen Beschwerden erinnern. Welches Syndrom hat die Patientin?

    Postcholezystektomiesyndrom

  • Kannst du das Syndrom beschreiben?

    Trotz der erfolgreichen Entfernung der Gallenblase können einige Patienten weiterhin Symptome erleben, die an die ursprünglichen Beschwerden erinnern. 


    Mögliche Ursachen können sein:

    • Reststeine → Steine, die nach der Operation im Gallengang verbleiben
    • Strikturen → Verengungen im Gallengang
    • Störungen des Schließmuskels → Probleme mit dem Musculus sphincter Oddi, der die Gallenflüssigkeit in den Darm abgibt
    • Reizungen oder Verwachsungen → Narbengewebe oder Verwachsungen, die nach der Operation entstehen
    • funktionelle Störungen → manchmal gibt es keine erkennbare Ursache, und die Symptome können durch eine gestörte Verdauungsfunktion verursacht werden
  • Welche weiteren Komplikationen können nach einer Cholezystekomie auftreten?

    • allgemeine Komplikationen: Schmerzen, Wundinfektion, Thrombose, Sepsis, Infektionen
    • Abszessbildung im Operationsgebiet
    • Galleleckage
    • Verletzung von Nachbarorganen
    • Ressteine in den Gallengängen
  • Was ist ein Biliom?

    Ein Biliom ist eine abnorme Ansammlung von Gallenflüssigkeit außerhalb des Gallengangsystems, meist in der Bauchhöhle. Am häufigsten tritt ein Biliom nach einer Cholezystektomie auf, wenn die Gallenwege unvollständig verschlossen werden oder ein Verschluss (z.B. durch einen Clip) sich löst. Auch Verletzungen der Gallenwege während der Operation können zu einer Leckage führen. Seltener kann ein Biliom auftreten, wenn durch stumpfe Gewalt, Infektionen oder Tumoren das Gallensystem beschädigt wird. 

  • Welche Komplikation ist nach Austritt von Gallenflüssigkeit gefürchtet?

    Peritonitis

Komplikationen

  • Deine Patientin klagt vor der Cholezystektomie plötzlich über eine verschlimmerte Symptomatik mit starken Schmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Anzeichen eines Darmverschlusses. Welche seltene, aber gefährliche Komplikation könnte vorliegen?

    Gallensteinileus → hierbei gelangt ein großer Gallenstein in den Dünndarm und verursacht eine mechanische Darmobstruktion. Dies geschieht oft durch eine Fistelbildung zwischen der Gallenblase und dem Darm

  • Welche weiteren Komplikationen sind bei einer Cholezystitis möglich?

    • Gallenblasenempyem (Ansammlung von Eiter in der Gallenblase)
    • Gallenblasenperforation
    • Gallenblasenabzess (abgekapselte Eiteransammlung in oder um die Gallenblase)
    • gangränöse Cholezystitis (Gewebe der Gallenblase stirbt aufgrund einer verminderten Blutversorgung ab)
    • Choledocholithiasis und Cholangitis
    • chronische Cholezystitis
    • Peritonitis und Sepsis
  • Welche zwei Komplikationen sind bei der chronischen Form gefürchtet?

    • Porzellangallenblase
    • Schrumpfgallenblase
  • Welches Risiko verbirgt sich hinter beiden Krankheitsbildern?

    Beide Krankheitsbilder bergen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Gallenblasenkrebs.

  • Kannst du erklären, was eine Schrumpfgallenblase ist?

    Chronische Entzündungsprozesse können dazu führen, dass die Gallenblase so stark schrumpft, dass sie sonografisch nicht mehr nachweisbar ist. 

  • Wie entsteht eine Porzellangallenblase?

    Eine Porzellangallenblase entsteht durch chronische Entzündungen der Gallenblase, meist verursacht durch wiederholte Reizungen durch Gallensteine. Diese Entzündungen führen zu einer Verdickung und Fibrosierung der Gallenblasenwand. Im Laufe der Zeit lagern sich Kalksalze in der geschädigten Wand ab, was die Gallenblase verhärtet und ihr ein porzellanartiges Aussehen verleiht. 

  • Wie werden Porzellangallenblase und Schrumpfgallenblase behandelt?

    Es wird in der Regel eine elektive Cholezystektomie empfohlen.