Transfusion

  • In der Regel wird heute keine Vollbluttransfusion mehr durchgeführt, sondern das Blut wird in die einzelnen Komponenten unterteilt und transfundiert. Welche Vorteile ergeben sich dadurch?

    • der Patient bekommt keine unnötigen Bestandteile, die unter Umständen mehr Schaden als Nutzen anrichten
    • die Haltbarkeit wird verlängert → durch die Trennung können die einzelnen Bestandteile optimal gelagert werden (Erythrozyten und Thrombozyten müssen bei mindestens 4 °C gelagert werden, die Gerinnungsfaktoren und andere Plasmabestandteile dagegen verlieren bei diesen Temperaturverhältnissen ihre Wirksamkeit)
  • Welche zwei System spielen bei der Kompatibilität eine praktische Rolle?

    • AB0-System
    • Rhesus-System 
  • Welcher Wissenschaftler hat das AB0-System beschrieben?

    Karl Landsteiner (Nobelpreisträger)

  • Welche Antigene tragen die Erythrozyten auf ihrer Oberfläche?

    • Blutgruppe A → Antigen A
    • Blutgruppe B → Antigen B
    • Blutgruppe 0 → keine Antigene
    • Blutgruppe AB → Antigen A und Antigen B
  • Stellen diese Antigene ein immunologisches Problem bei einer Fehltransfusion dar?

    Nein, aber es werden Antikörper gegen die Komponente des AB0-Systems gebildet, die dann bei Transfusionszwischenfällen bedeutsam werden.

  • Welche Antikörper befinden sich im Plasma?

    Es werden Antikörper gegen Antigene gebildet, die der Mensch selbst nicht besitzt:


    • Blutgruppe A → Anti-B-Antikörper
    • Blutgruppe B → Anti-A-Antikörper
    • Blutgruppe 0 → Anti-B-Antikörper und Anti-A-Antikörper
    • Blutgruppe AB → keine Antikörper
  • Wie kann der Mensch Antikörper gegen etwas bilden, das gar nicht existiert?

    Die AB0-Kohlenhydrate befinden sich nicht nur auf Erythrozyten, sondern sind weit verbreitet. Vermutlich sind Darmbakterien, die Oberflächenstrukturen aufweisen, die den Antigenen auf den Erythrozyten ähnlich sind, für die Antikörperbildung ursächlich. Wenn der Mensch dagegen selbst Träger dieses Antigens auf den Erythrozyten ist, wird es als körpereigen interpretiert und es werden keine Antikörper produziert.

  • Bildet der Körper auch gegen andere Blutgruppensysteme wie z.B. das Rhesus-System nach der Geburt Antikörper?

    Nein, bei anderen Systemen erfolgt die Bildung der Antikörper erst nach Kontakt z.B. mit Fremdblut.

  • Welche Blutgruppe kommt in Deutschland am häufigsten vor?

    Blutgruppe A mit etwa 45 Prozent

  • Wie sieht die prozentuale Verteilung der anderen Blutgruppen aus?

    • Blutgruppe 0 mit etwa 40 Prozent
    • Blutgruppe B mit etwa 10 Prozent
    • Blutgruppe AB mit etwa 5 Prozent
  • Was bedeutet Leukozytendepletion?

    Vor der Verabreichung von Blutprodukten werden die Leukozyten entfernt.

  • Warum wird dieser Schritt durchgeführt?

    Leukozyten tragen einen großen Beitrag zu den transfusionsbedingten Zwischenfällen bei und stellen auch infektiologisch ein Problem dar. Durch die Leukozytendepletion werden Komplikationen demnach reduziert. Seit dem 1. Oktober 2001 ist die Leukozytendepletion Standard.

  • Kennst du weitere Verfahren, die sich Erythrozytenkonzentrate unterziehen können?

    • gewaschene Erythrozytenkonzentrate 
    • bestrahlte Erythrozytenkonzentrate
  • Kannst du diese beiden Verfahren erklären?

    gewaschene Erythrozytenkonzentrate

    • leukozytendepletierte Erythrozytenkonzentrate werden in einem speziellen Verfahren gewaschen, um Reste des Spenderplasmas zu entfernen 
    • klinischer Einsatz → Patienten, die bei vorherigen Transfusionen Unverträglichkeiten gegenüber dem Spender-Plasma gezeigt haben z.B. Patienten mit IgA-Mangel

    bestrahlte Erythrozytenkonzentrate 

    • leukozytendepletierte Erythrozytenkonzentrate werden bestrahlt, damit immunkompetente Zellen inaktiviert werden und keine Graft-versus-Host-Reaktion auslösen
    • klinischer Einsatz → Frühgeborene, Immunsupprimierte, Transplantierte

  • Kommen wir zur Transfusion von Erythrozyten: Welche Blutgruppe ist Universalspender?

     Blutgruppe 0 (Rhesus negativ)

  • Warum ist das so?

    Es befinden sich bei der Blutgruppe 0 weder Antigen A noch Antigen B auf der Oberfläche der Erythrozyten. Wenn sich jetzt Anti-A- und/oder Anti-B-Antikörper im Blutplasma befinden, haben diese auf den Erythrozyten keine Angriffspunkte.

  • Welche Erythrozytenkonzentrate können Menschen mit Blutgruppe 0 empfangen?

    Nur von Spendern der Blutgruppe 0.


    Begründung: Menschen mit der Blutgruppe 0 haben Anti-A- und Anti-B-Antikörper im Blutplasma, daher können sie kein EK von Menschen mit den Blutgruppen A, B und AB empfangen. 

  • Welche Erythrozytenkonzentrate können Menschen mit der Blutgruppe A, B und AB empfangen?

    • Blutgruppe A → A oder 0
    • Blutgruppe B → B oder 0
    • Blutgruppe AB → AB, A, B oder 0
  • Warum ist Blutgruppe AB Universalempfänger?

    Bei der Blutgruppe AB befinden sich beide Antigene (A und B) auf der Oberfläche der Erythrozyten. Da Antikörper immer gegen die nicht vorhandenen Antigene gebildet werden, gibt es bei der Blutgruppe AB keine Antikörper, die für Komplikationen sorgen könnten. 

  • Kommen wir zum zweitwichtigsten Blutgruppensystem - dem Rhesusfaktor. Welcher Rhesusfaktor kommt in Deutschland am häufigsten vor?

     Etwa 85 Prozent sind Rhesus-positiv und 15 Prozent sind Rhesus-negativ.

  • Befinden sich Antikörper gegen Rhesus-Antigene im Blut?

    Nein, Antikörper gegen Rhesus-Antigene entwickeln sich erst, wenn das Immunsystem in Berührung mit fremden Rhesus-Antigenen kommt. Bei dem AB0-Blutgruppensystem bilden sie sich dagegen nach der Geburt.

  • Kann im Notfall von der Rhesus-Kompatibilität abgewichen werden?

    Die Folgen sind nicht so gravierend, wie bei einer AB0 Fehltransfusion. Eine Abweichung ist beim Rhesusfaktor nur im Notfall zu vertreten. 

  • Warum sollten Frauen, die Rhesus-negativ sind, bis zum Abschluss der Gebärfähigkeit auch im Notfall keine Rhesus-positive Bluttransfusion bekommen?

    Im Falle einer späteren Schwangerschaft kann beim Kind ein Morbus haemolyticus neonatorum entstehen.

  • Kannst du erklären, wie dieses Krankheitsbild entsteht?

    Diesem Krankheitsbild liegt meist eine Blutgruppenunverträglichkeit im Rhesus-System oder deutlich seltener im AB0-System zugrunde. 


    Rhesus-System

    Wenn eine Rhesus-negative Mutter ein Rhesus-positives Kind bekommt, können die Rhesus-Antikörper der Mutter auf den kindlichen Blutkreislauf übertreten und eine Hämolyse auslösen. 


    AB0-System 

    Wenn die Mutter Blutgruppe 0 hat und das Kind die Blutgruppe A oder B besitzt, können die mütterlichen Antikörper das kindliche Blut zerstören. 

  • Kann dieses Krankheitsbild zu jedem Zeitpunkt auftreten?

    AB0-System

    Da jeder von uns Antikörper gegen das AB0-System im Blut hat, kann direkt bei der ersten Schwangerschaft ein hämatologisches Problem auftreten, indem die Antikörper der Mutter auf das Kind übergehen.


    Rhesus-System

    Gegen den Rhesusfaktor befinden sich normalerweise keine Antikörper im Blut, sondern werden erst nach Kontakt mit Fremdblut gebildet. Eine vorausgegangene Schwangerschaft oder eine Fehlgeburt könnte ein solcher Kontakt zu Fremdblut sein, wobei Antikörper gebildet werden, die dann bei einer erneuten Schwangerschaft das kindliche Blut schädigen können.

  • An was musst du denken, wenn eine Frau vor Abschluss der Gebärfähigkeit im Notfall eine Rhesus-positive Konserve bekommen hat oder mit einem Rhesus-positiven Kind schwanger war?

    Dann ist die Gabe von Anti-D-Immunglobulin wichtig, damit die gebildeten Rhesus-Antikörper neutralisiert werden und später keine Schwangerschaftskomplikationen auslösen können.

  • Welchen ersten diagnostischen Schritt leitest du ein, wenn du eine Transfusion durchführen möchtest.

    serologische Verträglichkeitsprobe → Kreuzprobe und Antikörpersuchtest

  • Kannst du den ersten Test erläutern?

    • Major-Test → Kreuzung von Spendererythrozyten und Empfängerserum
    • Minor-Test → Kreuzung von Spenderserum und Empfängererythrozyten
  • Welcher Test ist heute wichtiger?

    Der Major-Test ist deutlich wichtiger. Der Minor-Test hat an klinischer Relevanz verloren, da die Erythrozytenkonzentrate aufbereitet werden und nur noch Plasmareste enthalten. 

  • Was ist der Antikörpersuchtest?

    Im Blut befinden sich reguläre Antikörper, das sind die sogenannten Isoagglutinine, die gegen fremde AB0-Merkmale gerichtet sind. Daneben können irreguläre Antikörper, die durch eine nicht natürliche Sensibilisierung z.B. nach einer Transplantation, Transfusion oder Schwangerschaft entstanden sind, auftreten. Nach diesen irregulären Antikörpern wird bei dem Antikörpersuchtest geschaut. Wenn solche irreguläre Antikörper gefunden werden, folgt eine Spezifizierung und eine spezifische Auswahl von Blutkonserven für die Transfusion.

  • Welchen Test führst du zusätzlich kurz vor der Transfusion durch?

    Bedside-Test

  • Kannst du diesen Test erläutern?

    Dieser Test hat einen hohen Stellenwert für die Patientensicherheit, da er eine mögliche Fehltransfusion noch aufhalten kann und direkt vor der Transfusion am Patientenbett durchgeführt wird. Auf der Testkarte befinden sich in der Regel drei Felder für Anti-A, Anti-B und Anti-D-Serum. Jedes Feld wird mit einem Tropfen Blut vom Patienten beträufelt, anhand des Verklumpfungsmusters kann die Blutgruppe abgelesen werden und mit der Blutgruppe auf der Blutkonserve verglichen werden. 

  • Beispiel: Welche Blutgruppe liegt vor, wenn es zu einer Agglutination auf dem Feld Anti-A und Anti-D kommt?

    Blutgruppe A und Rhesus-positiv 

  • An was musst du neben diesen Tests noch denken?

    • Überprüfung der Blutprodukte auf äußere Auffälligkeiten
    • Dokumentation
    • Aufklärung des Patienten (Ausnahme: Notfall)
    • Einwilligung des Patienten einholen (Ausnahme: Notfall)
  • Welchen Hb-Anstieg erwartest du nach einer Transfusion bei einem Patienten, der keine akute Blutung oder Hämolyse aufweist?

    1g/dl

  • Kommen wir zu den Komplikationen. Es gibt akute und verzögerte Transfusionszwischenfälle. Wie erfolgt die Einteilung?

    • akute Transfusionszwischenfälle → bis zu 6 Stunden nach der Transfusion
    • verzögerte Transfusionszwischenfälle → ab 6 Stunden nach der Transfusion 
  • Welche Transfusionszwischenfälle kennst du?

    immunologische

    • allergische Transfusionsreaktion
    • hämolytische Transfusionsreaktion
    • febrile, nichthämoyltische Transfusionreaktion
    • Graft-versus-Host-Disease 

    nicht-immunologische

    • Volumenüberlastung
    • Infektionen
    • Eisenüberladung
    • Elektrolytstörungen
  • Welche Reaktion erwartest du bei einer AB0-Fehltransfusion?

    akute hämolytische Transfusionsreaktion

  • Welche Klinik erwartest du?

    • Fieber
    • Schüttelfrost
    • Übelkeit
    • Schmerzen
    • Atemnot
    • Schocksymptomatik
  • Welche Maßnahmen führst du umgehend durch?

    • Transfusion beenden 
    • Diagnostik einleiten (Patientenblut und Blutkonserve müssen ins Labor)
    • Verlegung auf die Intensivstation
    • ausreichende Diurese
    • symptomatische Behandlung von ggf. Schock, Nierenversagen, Gerinnungsstörungen, Herz-Kreislaufbeschwerden
  • Wie kann es zu einer allergischen Transfusionsreaktion kommen?

    Auslöser sind Antikörper, die sich im Empfänger Serum befinden und gegen Plasmabestandteile des Spenders gerichtet sind. 

  • Welche Symptome erwartest du?

    • Haut → Rötung, Juckreiz, Urtikaria
    • Symptome an den Atemwegen und im Gastrointestinaltrakt sind deutlich seltener 
    • ggf. anaphylaktischer Schock
  • Wie sieht die Behandlung aus?

    • Infusion beenden
    • Allergiebehandlung je nach Schweregrad (H1-Antihistaminika, Glukokortikoide, Adrenalin)
    • ggf. intensivmedizinische Überwachung und Behandlung
  • Warum sollte nach so einer allergischen Reaktion ein IgA-Mangel ausgeschlossen werden?

    Liegt ein IgA-Defekt vor, ist IgA dem Körper unbekannt und er reagiert nach einer Transfusion mit einer allergischen Abwehrreaktion. Diese Patienten sollten daher gewaschene Blutprodukte bekommen. Durch den Nachweis des IgA-Mangels können somit Komplikationen bei späteren Transfusionen minimiert werden. 

  • Welche Nebenwirkung hat in den letzten Jahren deutlich abgenommen?

    Febrile, nicht-hämolytische Transfusionsreaktion

  • Kannst du die Entstehung und das Krankheitsbild erläutern?

    Entstehung:

    Hierbei kommt es zu einer Reaktion gegen die Leukozyten, die sich noch im Spenderblut befinden. In Deutschland ist eine Leukozytendepletion vorgeschrieben, daher hat diese Komplikation deutlich abgenommen. 


    Krankheitsbild:

    Nach der Transfusion tritt meist sehr rasch ein Fieberanstieg ein, der begleitet wird von Schüttelfrost, Kältegefühl und weiteren allgemeinen Krankheitssymptomen. Der messbare Temperaturanstieg kann allerdings auch ausbleiben (z.B. bei Kleinkindern).  

  • Welches lebensbedrohliche Krankheitsbild mit pulmonaler Symptomatik ist dir bekannt, das eher durch die Gabe von TK oder Frischplasma als durch EK ausgelöst wird?

    TRALI (Transfusionsassoziierte Lungeninsuffizienz)

  • Kannst du dieses Krankheitsbild grob beschreiben?

    Minuten nach Anlegen der Transfusion treten Atembeschwerden bis hin zur Intubationspflicht ein. Im Röntgenbild finden sich meist bilaterale Infiltrate. Die Beendigung der Transfusion ist der erste Schritt. Folgen sollte eine Behandlung auf der Intensivstation.  

  • An welches Krankheitsbild denkst du, wenn die Thrombozyten fünf bis zwölf Tage nach der Infusion drastisch abfallen?

    Posttransfusionelle Purpura 

  • Muss bei der Gabe von Thrombozytenkonzentraten die Kompatibilität mit dem AB0-System berücksichtigt werden?

    Ja, es sollte eine AB0 gleiche Transfusion durchgeführt werden, ebenso sollte der Rhesusfaktor berücksichtigt werden. 

  • Um wieviel hebt eine TK die Thrombozytenzahl?

    20–40/nL

  • Kennst du Gründe, die erklären, warum es nach der Gabe von Thrombozytenkonzentraten zu keinem Anstieg kommt?

    • erhöhter Verbrauch z.B.  Sepsis, Hypersplenismus
    • immunologische Reaktionen gegen die infundierten Thrombozyten
  • Wie kannst du diese Probleme umgehen?

    • erhöhter Verbrauch → Gabe von mehreren AB0-gleichen TK
    • immunologische Faktoren → Gabe von ausgewählten TK nach immunologischer Diagnostik
  • Kommen wir zu den Plasmakonzentraten. Welche zwei Präparate kennst du?

    • Fresh Frozen Plasma (FFP) → nach der Separation von zellulären Bestandteilen, wird das Plasma tiefgefroren
    • gefriergetrocknetes Plasma → Trockenpulver, das bei Bedarf aufgelöst werden kann
  • Welche Substanzen sind im Plasma enthalten?

    • Proteine z.B. Albumin
    • Gerinnungsfaktoren
    • Faktoren der Fibrinolyse
    • Immunglobuline
    • Komplemenfaktoren
  • Wann kommen Plasmapräparate zum Einsatz?

    • Plasmaersatz bei Massivtransfusionen
    • Ersatz von Gerinnungsfaktor z.B. bei Leberinsuffizienz
    • Verbrauchskoagulopathie
    • Plasmaersatz bei Plasmapherese (z.B. bei thyreotoxischer Krise)
  • Müssen AB0- und Rhesus-Kompatibilität beachtet werden?

    Die AB0-Kompatibilität muss unbedingt beachtet werden, die Rhesus-Kompatibilität dagegen nicht.

  • Welche Blutgruppe ist demnach Universalspender?

    Bei Plasma ist Blutgruppe AB der Universalspender (bei Erythrozytenkonzentraten ist es dagegen Blutgruppe 0).