FALL

Eine 50-Jährige Patientin, die seit drei Jahren eine Krebserkrankung hat, hat im Blutbild eine leichte Anämie. Sie klagt über B-Symptomatik und ein allgemeines Krankheitsgefühl.

Krankheitsbild

  • Wie lautet deine Verdachtsdiagnose?

    Anemia of chronic disease (ACD)

  • Welches Protein spielt bei der Pathophysiologie eine entscheidende Rolle?

    Hepcidin

  • Wie entsteht diese Anämie?

    Hepcidin wird unter dem Einfluss proinflammatorischer Zytokine in der Leber synthetisiert und hemmt die Wirkung des Ferroportins. Ferroportin ist in allen Zellen dafür verantwortlich, Eisen aus der Zelle zu befördern, um es dem Organismus zur Verfügung zu stellen. Wenn Ferroportin durch Hepcidin gehindert wird, wird Eisen in den Zellen festgehalten. Eisen bleibt dann zum Beispiel bei der enteralen Eisenaufnahme in den Darmzellen stecken und wird nicht ins Blut abgegeben. Ebenso verbleibt das gespeicherte Eisen im retikuloendothelialen System in den Makrophagen und wird trotz einer Anämie nicht abgegeben. Diese Reaktion des Körpers wird als unspezifische Abwehrreaktion gesehen, da auch Tumorzellen und Infektionserreger Eisen benötigen und somit in ihrem Wachstum womöglich gehemmt werden.

  • Welche Symptome liegen vor?

    • Symptome der Anämie → Blässe, Müdigkeit und verminderte Leistungsfähigkeit
    • Symptome der Grunderkrankung
  • Welche Anämieform liegt bei diesem Krankheitsbild vor?

    Zu Beginn meist normochrom und normozytär. Bei längerem Krankheitsgeschehen wird die Anämie dann häufig hypochrom und mikrozytär.

Diagnostik

  • Mit welchen Laborwerten kannst du die ACD von einer Eisenmangelanämie abgrenzen?

    • Ferritin ist im Normalbereich oder erhöht
    • CRP und/oder BSG erhöht
    • sTfR liegt bei einer ACD im Normbereich ( bei einer Eisenmangelanämie steigt es an)
  • Kannst du erklären, was sTfR für ein Wert ist?

    Auf den Zellen, die Eisen aufnehmen, befinden sich sogenannte Transferrinrezeptoren, die Transferrin und somit auch Eisen in die Zelle aufnehmen. Die Expression dieser Transferrin-Rezeptoren auf der Zelle, ist abhängig vom Eisenbedarf der Zelle. Ist die Zelle gut mit Eisen versorgt, kommt es zu einer Downregulation der Transferrin-Rezeptoren. Besteht ein Eisenmangel erhöht sich die Rezeptordichte auf der Zelle, damit die Zelle möglichst viel Eisen abbekommen kann. Eine konstante Menge dieser Transferrinrezeptoren auf der Zelle löst sich ab und befindet sich im Blut. Diese löslichen Transferrinrezeptoren können im Blut bestimmt werden und geben Rückschlüsse über den Eisenbedarf der Zellen. Bei einem Eisenmangel ist der Wert erhöht. 

  • Und wie sieht es mit dem Serum-Transferrin aus?

    Transferrin ist ein Anti-Akut-Phase-Protein und wird bei einer chronischen Erkrankung vermindert produziert.

  • Kann auch einfach Hepcidin bestimmt werden?

    Ja, aber die Messung ist noch nicht standardisiert.

Therapie

  • Wie sieht die Therapie aus?

    An erster Stelle steht die Behandlung der Grunderkrankung; ggf. Erythropoietin und Erythrozytentransfusionen.

  • Sollten die Patienten auch Eisenpräparate nehmen?

    Nur wenn zusätzlich eine Eisenmangelanämie vorliegt, ansonsten würde das Problem nur verstärkt.